„Klimaneutralität als Brauerei“ – Führung und Vortrag mit Brauerei-Chef Jens Geimer in der Westerwald-Brauerei

Marienthaler Forum am 16.02.2024

Am Freitagabend öffnete die Westerwald-Brauerei in Hachenburg ihre Tore für eine besondere Brauerei-Tour. Jens Geimer, Brauerei-Chef und geschäftsführender Gesellschafter in fünfter Generation, führte seine illustren Gäste nicht nur durch das Betriebsgebäude der Familienbrauerei, sondern legte bei Speis und – natürlich – Trank sein Konzept von Nachhaltigkeit dar.

Den Abend eröffnete Ekkehard Schneider, Leiter des Marienthaler Forums, indem er über die Definition und Bedeutung von Nachhaltigkeit referierte: „Der Begriff Nachhaltigkeit wurde schon vor 300 Jahren von dem Forstexperten Carl von Carlowitz geprägt. Es soll nur so viel geerntet werden, wie in der Natur nachwachsen kann.“ Gerade in der heutigen Zeit fände ein Umdenken bei den Unternehmen statt, die immer wieder neue und innovative Maßnahmen ergreifen würden, um umso schonender mit den Umweltressourcen umzugehen.

Jens Geimer griff dieses Stichwort bei der Begrüßung der Gäste auf und gewährte bereits einen Ausblick auf seine Tour: „Bei der Westerwald-Brauerei verstehen wir Nachhaltigkeit nicht nur auf die Umweltressourcen bezogen. Nachhaltigkeit umfasst auch den Umgang mit unserem Brauerei-Team, zuliefernden Unternehmen und den alltäglichen Geschäftsprozessen.“

Und ebenso müsse man die Historie im Blick behalten. Aus diesem Grund startete die Tour auch in einem Raum, der die Historie der 1861 gegründeten Westerwald-Brauerei anhand verschiedener Wegpunkte darstellt, wie die Entdeckung einer eigenen Quelle im Rothbachtal, das Wachstum der Brauerei in den 1980er-Jahren und schließlich die Umstellung auf das Brauern mit 100 Prozent Aromahopfen in 2011. Dabei legte Jens Geimer dar, dass umweltfreundliche Veränderungen nicht immer den Kunden erfreuen. Als Beispiel nannte er seinerzeit die Abschaffung der goldenen Halsschleife an den Bierflaschen. Nachhaltiges Handeln erfordert somit sensiblen Umgang mit Kundenwünschen, um dabei erfolgreich zu bleiben.

Auch der nächste Raum ist einer besonderen Thematik gewidmet, nämlich dem Westerwald selbst. Regionales Brauen mit regionalen Rohstoffen, gesellschaftliche Events auf der Brauerei, Mitarbeiter, die sich mit dem Westerwald identifizieren – diese Punkte sind Jens Geimer besonders wichtig, und elementarer Bestandteil des Markenkerns von „Hachenburger“ und „Westerwald-Bräu“.

Die Mitarbeitenden und ihren Beitrag zu einer nachhaltigen Brauerei stellte er an dieser Stelle besonders heraus. Ein Bezug zur Region, Identifikation mit der Westerwald-Brauerei, aber auch stete Fortbildung und Lernwillen setzt er voraus. Dabei werde jeder Einzelne individuell unterstützt und begleitet. Dies findet – ein weiterer Schritt zur Nachhaltigkeit – komplett digital über eine Cloud statt, die die Familienbrauerei selbst immer weiterentwickelt. Nicht nur sind so alle Arbeitsprozesse in der Familienbrauerei digital, auch jede weitere interne und externe Kommunikation kann digital abgewickelt werden, sei es mit Lieferanten, Kunden oder Dienstleistern.

Nachdem Jens Geimer die Gäste durch einen weiteren Raum geführt hatte – Tasting-Übungen für die Mitarbeitenden, auch den Geschmack des eigenen Bieres zu kennen gehört zu der Identifikation mit dem Unternehmen –, kamen wir schließlich im Herzstück der Brauerei an. Bei der ersten Verkostung mit einem Hachenburger Hell und einem köstlichen regionalen Kartoffelsalat konnten wir die Sudkessel begutachten und durch Sichtfenster einen Blick ins Innere werfen.

Im weiteren Verlauf der Brauerei-Tour wurde klar, wie viel Energie hier benötigt wird. Der generelle Betrieb, die Kühlung des Bieres während der sechswöchigen Reifung bei -1°C, die Abfüllung und Reinigung der Flaschen. Dabei betrachtet die Westerwald-Brauerei für ihr Nachhaltigkeitskonzept nicht nur den eigenen Verbrauch, sondern bezieht auch die Lieferanten in die Rechnung mit ein und kommt so auf eine Menge von rund 4.500 Tonnen CO2 im Jahr – der Verbrauch von rund 450 Einzelpersonen.

Bei der nächsten Verkostung wurde eine der Stellschrauben erläutert, die diesen Verbrauch weiter reduzieren soll: Eine neue CO2-Rückgewinnungsanlage unter dem Dach des Hachenburger Reifehauses. Teil dieser Anlage ist ein Zeppelin, in dem das CO2 aufgefangen wird. Anschließend wird das umweltschädliche Gas in der Anlage gereinigt und zu hochreiner Kohlensäure aufbereitet. Diese kann die Privatbrauerei wiederum für die weitere Produktion von alkoholfreien Getränken verwenden, wie Hachenburger Kalter Kaffee oder Hachenburger HzwoO. Weitere Maßnahmen sind die verstärkte Umstellung auf Elektrizität und die Abkehr von fossilen Brennstoffen, die Errichtung von PV-Anlagen, die Umstellung auf E-LKW und das Angebot von Jobrädern für die Mitarbeiter.

Den Abend ließen alle Beteiligen bei „der besten Westerwälder-Kartoffelsuppe“ ausklingen und traten in einen angeregten Austausch.

Die Führung und die Erläuterungen Jens Geimers‘ haben auf vielfältige Weise gezeigt, wie man vor allem als Unternehmen, aber natürlich auch im kleinen, privaten Rahmen, seinen Teil zu einer ressourcenschonenden Lebens- und Arbeitsweise beitragen kann und wohin die Zukunft geht – zu einer Wirtschaftlichkeit ohne fossile Brennstoffe, dafür mit einem stärkeren Miteinander und einer Wirtschaftlichkeit, die von Innovation geleitet wird.